Jedes Jahr kommen 100.000 Besucher
Rotkäppchen statt Remmidemmi im Märchenwald Ibbenbüren
Ibbenbüren -
Schneewittchen und die sieben Zwerge wohnen in einem Häuschen nahe Ibbenbüren – doch sie sind wahrlich nicht allein im Wald: Rund 100.000 Besucher schauen Jahr für Jahr im Märchenwald durch die Fensterchen. Dabei scheint‘s machmal so, als sei hier die Zeit stehen geblieben. Wie gelingt es, mit einem so altmodischen Programm gegen die große Freizeit-Konkurrenz zu bestehen?
Von Gunnar A. Pier
Irgendwann in der Weihnachtszeit spielten sich im Hause Derhake merkwürdige Szenen ab. Barbara Derhake harrte auf einem Küchenstuhl aus, während ihr Mann Hermann sich auf wechselnde Weise zu ihr herunterbeugte, und Tochter Luisa schaute sich an, wie das alles wirkt. Das Ergebnis sehen die Besucher im Märchenwald nun in Häuschen Nummer eins: „Dornröschen“ samt verbeugendem Prinz ist neu gestaltet. Und doch wirkt es alt: Nostalgie wird großgeschrieben in der über 90 Jahre alten Freizeitanlage nahe Ibbenbüren. Trotzdem lockt der Park jährlich rund 100 000 Besucher – und das ohne Achterbahn, Freefall-Tower und Multimedia-Geballer. Mit Rotkäppchen statt Remmidemmi.
Wer aus Richtung Greven nach Ibbenbüren fährt, sieht rechts am Hang des Teutoburger Waldes das Eingangsgebäude des Märchenwalds. An die Wand ist ein Bild gemalt, und es sieht so aus, als käme gleich Pepe der Paukerschreck mit seiner Schulklasse angeradelt, um Streiche zu spielen, oder Peter Alexander singt ein Duett mit Uschi Glas. Vieles wirkt hier noch so wie damals, 1926, als die Anlage gegründet wurde. Und das ist wahrlich kein Zufall.
Der Märchenwald in Ibbenbüren
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Der Märchenwald in Ibbenbüren lockt mit Darstellungen von Märchen und mit vielen Zwergen.
Foto: Gunnar A. Pier -
Im Zwergenbergwerk
Foto: Gunnar A. Pier -
Rotkäppchen und der böse Wolf
Foto: Gunnar A. Pier -
Die Generationen drei und vier auf einem Schlitten der Sommerrodelbahn: Barbara, Luisa und Hermann Derhake stehen heute hinter dem Freizeitpark mit Märchenwald am Stadtrand von Ibbenbüren.
Foto: Gunnar A. Pier -
Die Vogelhochzeit
Foto: Gunnar A. Pier -
In der Zwergenklause
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Weihnachtswelt
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Schneewittchen und die sieben Zwerge
Foto: Gunnar A. Pier -
Aschenputtel
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"Reise um die Welt"
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Dornröschen
Foto: Gunnar A. Pier -
Hänsel und Gretel
Foto: Gunnar A. Pier -
Hänsel und Gretel
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Die sieben Raben
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Der gestiefelte Kater
Foto: Gunnar A. Pier -
Die Vogelhochzeit
Foto: Gunnar A. Pier -
Die Vogelhochzeit
Foto: Gunnar A. Pier -
Die Vogelhochzeit
Foto: Gunnar A. Pier -
Schneewittchen und die sieben Zwerge
Foto: Gunnar A. Pier -
Die Bremer Stadtmusikanten
Foto: Gunnar A. Pier -
Die Bremer Stadtmusikanten
Foto: Gunnar A. Pier -
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Weihnachtswelt
Foto: Gunnar A. Pier -
Weihnachtswelt
Foto: Gunnar A. Pier -
Weihnachtswelt
Foto: Gunnar A. Pier -
In der Zwergenklause
Foto: Gunnar A. Pier -
In der Zwergenklause
Foto: Gunnar A. Pier -
In der Zwergenklause
Foto: Gunnar A. Pier -
In der Zwergenklause
Foto: Gunnar A. Pier -
In der Zwergenklause
Foto: Gunnar A. Pier -
In der Zwergenklause
Foto: Gunnar A. Pier
Bewahren
„Schneller, höher, weiter – da machen wir nicht mit“, sagt Luise Derhake, die vor vier Jahren in den Betrieb eingestiegen ist. Als vierte Generation: Ihr Urgroßvater hat den Park gegründet, ihre Eltern leiten ihn seit 1992. Und sie bewahren, statt in den Wettlauf mit Phantasialand, Europa-Park und Potts-Park einzusteigen.
Deshalb geht es am Ibbenbürener Hang beschaulich zu. Ein Rundweg durch den Wald führt vorbei an kleinen Häuschen, in denen die Hexe Hänsel und Gretel in Schach hält, Schneewittchens sieben Zwerge an der gedeckten Tafel sitzen und Zipfelmützenzwerge in der Klause ein zünftiges Fest feiern. Einige Figuren – wie Dornröschens Prinz – bewegen sich staksig, aus kleinen Lautsprechern tönen die Geschichten.
Liebe und Pflege
Das Konzept ist grundsätzlich gleich geblieben, seit der Märchenwald 1958 als Ergänzung der Sommerrodelbahn eröffnet wurde. „Aus Alt wird Nostalgisch – durch Liebe und Pflege“, erklärt Luisa Derhake.
Verändert hat sich über die Dekaden freilich das Publikum. „Früher kamen Jugendliche – Grundschule und aufwärts“, erinnert sich Barbara Derhake. Die finden ihr Glück heute eher in den kirmeshaften Riesenfreizeitparks. „Doch die haben wiederum die kleinen Kinder vergessen“, findet Hermann Derhake. Kita-Kinder passen nicht in deren Konzept – aber in Ibbenbüren werden sie prächtig unterhalten.
Grimms Märchen statt "Bob, der Baumeister"
Die Kleinsten sind häufig mit Grimms Märchen gar nicht mehr vertraut. Wie wäre es also mit anderen Themen am Rande des Waldwegs – „Conny“, „Paw Patrol“, Disneys „Eiskönigin“ oder „Bob, der Baumeister“? Da schütteln Mutter und Tochter beinahe entrüstet mit dem Kopf. „Das wäre mir zu schnelllebig“, sagt Luisa Derhake. Lohnt die Mühe, eine neue Station zu bauen mit Figuren, die nach ein paar Jahren schon abgemeldet sind? „Es gibt hier genug zu sehen“, findet Barbara Derhake. Das wimmelbildhafte Zwergen-Bergwerk, die Weihnachtswelt, die tönende „Vogelhochzeit“.
Nichts ist verstaubt
Aber es ist nicht so, als habe sich hier nie etwas verändert. Natürlich werden Schaubilder erneuert, und auch die Infrastruktur ist modern. Nach und nach werden gerade die Geräte auf dem Spielplatz erneuert, die sanitären Anlagen sind ebenfalls jung. Und immer wieder wird gestrichen, repariert, gereinigt. Denn verstaubt – im eigentlichen Sinne des Wortes – soll hier nichts sein.
Wer den Märchenpfad hinter sich hat, kann sich natürlich noch auf dem Spielplatz austoben, in einer Halle eine „Reise um die Welt“ unternehmen und natürlich auf dem Schlitten 100 Meter weit den Teuto-Hang runtersausen. In Erinnerung bleibt aber eben auch Dornröschen. Und der Prinz, der sich so formvollendet verbeugt.